Herrentour der "Quintessa" 2002
Die schon traditionelle Herrentour in der Ostsee ...

Es ist nun schon seit vielen Jahren oder besser seit Jahrzehnten ein fester Brauch, dass wir uns in der späten Vor- oder lieber in der frühen Nachsaison mit vier Freunden zu unserer einwöchigen Herrentour treffen. Früher, vor vielen Jahren, waren alle in Schleswig-Holstein beheimatet, doch im Laufe der beruflichen und familiären Entwicklung sind wir nun verteilt von München über Düsseldorf bis Hamburg. Da alle den Termin für sehr wichtig und unabdingbar halten, wird alles daran gesetzt, dass der schon Monate im voraus (da dann noch mehr Platz zwischen den Zeilen im sonst engen Terminkalender ist) verabredete Termin auch eingehalten wird.
Da zwischenzeitlich auch gesetzlich geregelt oder klargestellt ist, dass auch Sportboote zwingend ein Logbuch führen müssen, habe ich als Skipper den Weg des Delegierens beschritten. Warum sollen sonst schriftgewandte Personen nicht auch ein Logbuch führen können, da ja ohnehin für uns die Form noch nicht verbindlich vorgeschrieben wurde.
                                                                                        Eike Schmidt

Freitag
Start mit dem Pkw in Hamburg früh um 9.00 Uhr. Schönstes Wetter. Schwansen und Angeln im Hochsommer sind wunderhübsch. Um 11.00 Uhr sind alle am Boot. Schnell wird Schokolade, Wein und Kuchen - halt, vor allem Multivitaminsaft wegen der Gesundheit - verstaut. Abschied von Rainers über 80jährigen Mutter aus Heide: "Junge, komm bald wieder", und Leinen los. Allerdings ohne den Chronisten, so dass über die kommenden 3 Stunden nicht berichtet werden kann. Was die drei getrieben haben in der Zeit, bleibt ein Geheimnis (angeblich ein Lichtmaschinenschaden). Um 15.30 Uhr in Maasholm ist die Mannschaft wieder komplett, da der Chronist wegen späterer geschäftlicher Termine nach dort mit dem Wagen gefahren ist. Nun geht es ab auf die Ostsee bei schönster Sonne mit SO-Wind schnurstracks und windesschnell nach Sonderburg. Dort ist sogar Platz. Kaum ist der Festmacherschluck getrunken, hat der Skipper schon die Pasta mit leckerer Scampi-Soße auf dem Tisch. Wir haben ja im letzten Jahr beschlossen, dass aufgrund der mäßigen Küche in Dänemark (außer Fisch) zukünftig jeder einmal kochen muss. Der Verdacht, dass hier "dem Skipper sin Fru" im Hintergrund gewirkt hat, kann nicht wirklich entkräftet werden. Abends noch ein Spaziergang zum Hafenfest mit Live-Musik und mehr Menschen als in ganz Dänemark leben, dann noch ein Schluck Wein im Cockpit unter 1000 Sternen. Um 23.30 Uhr ist Ruhe an Bord (abgesehen von Rainer unser Augenarzt, der schneller schnarcht als er schläft).

Samstag
Aufstehen um 7.00 Uhr (der Chronist um 8.00). Gemütliches und reichhaltiges Frühstück in der Sonne. Es ist richtig warm, also nur Hemd und Hose an und gegen 11.00 Uhr in den Alsen-Sund. Wind von achtern, Blister gesetzt und ruhig und langsam (jedenfalls langsamer als die Regatta-Ruderer) mit vielen anderen Booten genußvoll durch den Sund. Zwischendurch die aufgewärmten Reste vom Vortag - wieder ein lobendes Gedenken an Hanne - anschließend Kaffe und Kuchen - natürlich auch von Hanne. Es geht uns gut! Danach brist der Wind auf, kommt aus Ost, und viel früher als gedacht sind wir auf Aarö. Hier ist der Hafen proppevoll, doch ein netter Hafenmeister bewahrt uns davor, im Viererpäckchen zu liegen. Den ganzen Tag war es heiß, also gehen wir erst einmal schwimmen. Das macht wieder hungrig, also gehen wir ins Insel-Restaurant (sehr gut) essen. Das macht wiederum müde, also gehen wir nach sehr kurzer Wanderung und einem guten Rotwein als Absacker schon um 21.30 in die Koje.

Sonntag
Alle sind früh wach. Rainer badet, Jörn joggt. Der Himmel ist bedeckt, der Wind weht kräftig aus Ost. Schon um 10.00 Uhr Leinen los, und mit Super-Wind fliegen wir durch den kleinen Belt. Zum x-ten Mal, doch immer wieder schön, ist die Fahrt zwischen den bewaldeten Ufern, den hübschen großen und kleinen Häusern und die Frage, ob wir wohl unter der alten Eisenbahnbrücke durchpassen. Nach kurzem Stück unter Motor können wir wieder segeln. Es wird immer trüber, bleibt aber trocken, bis wir in Juelsminde angelegt haben. Ein lebhafter Hafen und eine gesichtslose Stadt, doch mit hübscher Umgebung. Von der hat nur Jörn etwas beim Joggen am nächsten Morgen. Die schon lange versprochenen Pfannkuchen von Jörn werden verschoben, und wir gehen im Hafenrestaurant essen. Anschließend sitzen wir noch ziemlich lange beim Rotwein, und daher sind wir auch nicht sicher, ob wir beim Schlafengehen durch die Luke wirklich Sterne gesehen haben.

Montag
Es war nicht der Wein, sondern die Sterne. Über Nacht sind Wolken und Regen verschwunden, eine strahlende Sonne und ein lauer Wind holen uns aus den Federn. Ablegen können wir dennoch nicht vor 11.00 Uhr, denn in den diversen Fach- und Allgemeingeschäften ist Großeinkauf angesagt, wobei das Fischgeschäft am Hafen aufgrund seiner Vielfalt und Qualität von uns besonders gefragt ist. Somit wird Rainer heute abend ein Fischgericht zubereiten. Dann 31/2 Stunden Sonntags- oder Damensegeln: Sonne, halber Wind aus SSW, ein großer Schlag ohne Manöver nach Korshavn an der Nordspitze Fünens.

Ankunft schon gegen 15.00 Uhr in einer wunderschönen großen runden Naturbucht mit kleinem Steg, an dem sich bald immer mehr Segler drängen. Während Rainer  baden geht und dann sein Festessen zubereitet, machen die anderen einen großen Spaziergang durch Natur und Ferienhaussiedlung. Das Essen ist hervorragend und setzt Maßstäbe für Jörn und den Chronisten. Der Himmel ist immer noch klar und langsam neigt sich die Sonne goldgelb in das südliche Kattegat. Wir spielen noch zwei Stunden SkipBo, trinken noch zwei Flaschen vom leckeren Weißen aus Sardinien und gehen um 23.30 schlafen.

Dienstag
Morgens ist es bedeckt, ein leichter Wind weht aus NO. Bald lösen sich die Wolken auf, und als wir gegen 10.30 ablegen, scheint schon die Sonne. Und das tut sie den ganzen Tag. Wir versuchen eine Weile, den geringen Wind (2-3) mit dem Blister einzufangen, doch kommen wir dabei zu weit vom Kurs ab, so daß wir beschließen, es ruhig anzugehen, da der Weg nach Mullerup auf Seeland nicht weit ist. Also setzen wir die Fock, nehmen Kurs und laufen mit 2-3 Knoten ganz entspannt gen SO. Johann, der Autopilot, übernimmt das Ruder. Nach der Mittagssuppe (gefüllte Paprikaschoten aus der Dose) verschwindet einer nach dem anderen für ein Schläfchen (einzelne Mannschaftsmitglieder für einen Dauerschlaf). Selbst der Skipper gönnt sich ein "nap", und schließlich schläft auch der Wind ein. Zwischendurch entdecken wir im südlichen Dunst die Pfeiler der Großen Beltbrücke, was immer wieder faszinierend ist, weil wir noch Meilen entfernt sind.

Das letzte Stück motoren wir nach Mullerup und sind erst gegen 18.00 Uhr im langweiligen Hafen. Dort gehen Rainer und der Chronist (ja, auch er) schwimmen, während Eike Jumfruhummer als Vorspeise und Jörn Pfannkuchen als Haupt = Nachspeise bereiten. Das in Juelsminde erstandene Mehl entpuppt sich als Zucker! Jörn grast nun die Hafenumgebung ab nach Mehl und wird an einer Pölserbude aus deren Altbestand fündig. Zunächst verschweigt er, dass er beim Zubereiten diverse Schrauben im Mehl gefunden hat. Doch sein Essenplan wird mangels anderer Möglichkeiten unvermindert umgesetzt. Während die Sonne langsam untergeht, beobachten wir die dänischen Neo-Nazis mit Ihren Booten (sie sehen jedenfalls so aus), machen noch einen Spaziergang, hören Verdi, spielen noch zwei Runden SkipBo (natürlich gewinnt Rainer - wie Bayern in der Bundesliga), trinken noch etwas Wein und gehen kurz vor Mitternacht in die Koje.

Mittwoch
Schon als wir (etwas später als sonst, denn der Mensch soll ja 8 Std. schlafen) aufstehen, ist es warm, im sonnigen Cockpit beim Frühstück gut heiß. Kein Lüftchen regt sich, und beim Motoren nach Süden gen Omö bringt nur der Fahrtwind Abkühlung. Die Ostsee ist wie Blei, Wasser und dunstiger Himmel gehen am Horizont ineinander über. Nach zwei Stunden unter der Großen Beltbrücke hindurch, ein faszinierender Anblick von Nahem wie aus der Ferne. Wir sind faul und Johann steuert. Das ändert sich schlagartig nach dem Anlegen in Omö. Mit Fahrrädern radeln wir auf die andere Inselseite, um ausgiebig am herrlichen Sandstrand zu schwimmen, danach zum Leuchtturm, dann zum Kaufmann und wieder zum Boot. Nach einer verspäteten Mittagsruhe essen wir im Inselrestaurant "Perlen" auf der Terrasse in der warmen Abendsonne mit Blick auf die große Brücke - und zum Beweis, dass wir nicht in Italien sind - eine sehr große und gute Scholle. Abends beim SkipBo gewinnt Eike (er hat ohnehin die meiste Übung), dann geht's ins Bett.



Donnerstag
Morgens noch Sonne, dann bezieht es sich, bleibt aber angenehm warm. Auslaufen gegen 10.00 Uhr.  Mit halben Wind und unter dem goldgelben Sternblister geht es ruhig über den Großen Belt um Langeland herum nach Süden und in den Svendborg-Sund, eine der schönsten Stellen der dänischen Südsee. In Svendborg kurzer Shopping-Aufenthalt für Mitbringsel (ganze Kochtopf-Sets) und Zutaten für das Abendbrot. Auch hier geht kein Weg vorbei am hervorragenden Fischgeschäft. Aus Svendborg raus nach Westen und etwa 10 sm unter Motor bis zur Insel Avernakö mitten in der dänischen Südsee. Ankunft erst gegen 18.30 Uhr. Der Chronist kocht sein Chili con Carne, und ob es das Rezept war oder der Hunger nach dem langen Tag - es schmeckt! Zum Lohn gewinnt sogar der kochende Chronist Christoph mal beim SkipBo-Spiel, das im warmen Abendwind und gutem Rotwein ziemlich lange geht.


Freitag
Aufstehen und Frühstück noch bei bedecktem Himmel, in der Nacht war sogar etwas Regen. Ausreichend Wind aus OSO, um mit ca. 4 Knoten nach Süden der Heimat zuzuschweben. Unterwegs viel Zeit, damit Jörn und Rainer endlich SMS lernen. Vor allem Rainer, der noch vor einem Jahr ein "Handy-Hasser" war, ist geradezu der modernen Kommunikation erlegen (er hat ja auch noch keine Rechnung bekommen). Gegen Mittag kommt die Sonne durch, dafür schläft der Wind wieder ein. So motoren wir das letzte Stück in die Schlei - hier geht es zu wie auf der Autobahn - und finden einen wunderschönen Liegeplatz im kleinen Nebenhafen von Maasholm. Noch ein Spaziergang um den hübschen Ort, ein fast zu üppiges Abendessen in der Abendsonne mit einer Super-Fischplatte und dann der letzte Abend an Bord. Noch über 20 Grad Wärme, es ist wie in Italien. Jörn entdeckt die SMS, die er im vergangenen Oktober zum Geburtstag erhalten hat, und so ist alles in Ordnung. Es war ein wunderschöner Törn, vier "Herren" auf gleicher Wellenlänge, ein genauso gemütliches wie elegantes Boot, fast immer Sonne, kein Sturm, gutes Essen und guter Wein. Mit ganz herzlichem Dank an den Skipper freuen wir uns schon jetzt auf das nächste Jahr.

                                                                         Dr. Christoph von Rotkirch